Gabriela Widmer

«In der Zeit von Corona mussten wir sehr flexibel sein. Wenn ich zurückdenke, kommen mir Bilder von schwer kranken Patientinnen und Patienten in den Sinn. Ich habe die Covid-Verdachtsabteilung im Lindenhofspital geleitet. Also die Abteilung, auf der die Patientinnen und Patienten auf das Ergebnis ihres Abstrichs warteten. Im Frühling 2020 musste ich mit meinem kleinen Team innerhalb von zwei Tagen unseren ambulanten Tagesbetrieb auf einen 24-Stunden-Betrieb wechseln. Das war eine intensive Zeit. Wir mussten alle ambulanten Termine absagen und gleichzeitig die Covid-Verdachtsabteilung aufbauen. Ich erinnere mich, dass ich praktisch pausenlos telefoniert habe. Einerseits habe ich mich gefragt, wie wir das schaffen sollen und gleichzeitig wusste ich: es muss gehen. In dieser ersten Zeit habe ich ein starkes Miteinander gespürt. Der Wechsel von meist jungen zu älteren, oftmals schwer kranken Patientinnen und Patienten war extrem und nicht immer ganz einfach. Dazu kam die Unsicherheit der Pandemie. Was kommt da auf uns zu? In den Medien sah man schreckliche Bilder aus den benachbarten Ländern. Wenn ich mit dem Fahrrad durch die Stadt fuhr, waren die Strassen wie leergefegt. Das war schon sehr speziell und auch ein bisschen bedrohlich. Um mich selbst habe ich mir weniger Sorgen gemacht, eher dass ich andere gefährden könnte. Es war mir wichtig, dass mein Team und ich immer die empfohlenen Sicherheitsmassnahmen korrekt anwenden. Die grosse Herausforderung war immer wieder, das Team zu motivieren und mit all den Unsicherheiten umgehen zu können. Die Zusammensetzung wechselte praktisch monatlich. Wir arbeiteten mit vielen temporär und befristet Angestellten sowie mit dem Pflegepool der Lindenhofgruppe. Auch das Betriebskonzept der Abteilung wurde mehrmals angepasst, was zusätzliche Flexibilität erforderte. Für mich war diese Zeit mit verschiedenen Gefühlen und Unsicherheiten verbunden. So habe ich das in meinen 20 Jahren Berufserfahrung noch nie erlebt.»