Philipp Müri
Abteilungsleiter Pflege, Anästhesie Engeriedspital
«Du bist im Zimmer, bist nah dran und bleibst es auch.»
«Ich komme eigentlich aus dem Engeriedspital. Dort hat es in der ersten Welle keine Corona-Fälle gegeben. In der zweiten Welle hiess es dann, alle seien am Anschlag. Jetzt müssten auch wir helfen. Dann musste ich im Team schauen. Wir hatten einen Mitarbeitenden, der selbst positiv war. Andere Mitarbeitende mit Vorerkrankungen kamen nicht in Frage. Zum Schluss bin ich dann als Abteilungsleiter mit gutem Beispiel vorangegangen und habe mich gemeldet. Als es dann konkret soweit war, dass ich auf die IPS musste, habe ich dann schon geschluckt. Aber letztlich war das eine sehr positive Erfahrung. Nach 25 Jahren in der Anästhesie einmal aus dem Alltag auszubrechen, an einem anderen Ort zu arbeiten, in einer völlig anderen Umgebung. In der Anästhesie betreuen wir immer nur einen Patienten aufs Mal und bis zu zwölf Patientinnen und Patienten pro Tag. Auf der IPS haben wir einen, maximal zwei betreut. Du bist im Zimmer, bist nah dran und bleibst es auch. Das war sehr anstrengend, sehr intensiv. Bei uns stirbt selten jemand. Dort ist teils pro Schicht eine Patientin oder ein Patient gestorben. Das ist belastend. Auch wegen des Umfelds. Diese Menschen sind weitgehend von der Aussenwelt abgeschirmt und haben Angst, allein zu sterben. Das hast du den Patientinnen und Patienten auch angemerkt. Sie hatten das Bedürfnis, ihre Angehörigen noch einmal zu sehen. Wir haben im Team auch darüber gesprochen. Das wirkt sich auch auf das Private aus. Ich habe mir da überlegt, ob ich überhaupt heim soll in dieser Zeit oder stattdessen ein Ferienhaus mieten. Um die Familie nicht zu gefährden. Das hat aber die Familie vehement abgelehnt. Ich hatte meistens Spätdienst. Sie waren deshalb schon im Bett, wenn ich heimgekommen bin. Dann habe ich mich erst einmal ausführlich geduscht. Das hat mir sehr gut getan. Physisch und psychisch. Ich habe eines Abends mal Pizza geholt bei uns im Quartier. Dort habe ich einen Kollegen getroffen, wir haben geredet, natürlich mit entsprechender Distanz. Dann habe ich erzählt, dass ich derzeit auf der IPS arbeite. Da ist er bleich geworden und ist ohne seine Pizza rausgelaufen. Ich habe das nicht persönlich genommen, aber es hat mich einfach erstaunt.»
Seit 1991 in der Lindenhofgruppe.
Verbindet mit der Lindenhofgruppe den ursprünglichen Rotkreuz-Gedanken.
Seine freie Zeit verbringt er mit Familie, Fischen und Bonsais.
Motto: Das Leben geniessen, so lange es geht.