Geschäftsbericht der Lindenhofgruppe 2021

Dies unterstütze ich sehr. Es heisst aber auch, dass wir uns für die Beratung und Begleitung unserer Patientinnen und Patienten sowie ihrer Nahestehenden mehr Zeit und Raum nehmen müssen. Diese Entwicklungen werden in den Tarifen und in den bestehenden Arbeitsmodellen nicht abgebildet. So sind Frust und Erschöpfung in dem so menschenorientierten Pflege- und Arztberuf vorprogrammiert. Dem müssen wir unter anderem mit guten Arbeits- und Entlohnungsmodellen entgegenwirken. Remo Koller: Die Ambulantisierung und das Gesundheits- wesen als Ganzes definieren Menschen, die einen zu starken wirtschaftlichen Fokus haben. Wir behandeln Menschen, keine Gegenstände. Sie haben individuelle Bedürfnisse, verschiedene Krankheiten, Hintergründe und Voraussetzungen. Das lässt sich nicht immer wirt- schaftlich erfassen. Wir sollten unbedingt vermeiden, dass wir eine neue Generation von Ärztinnen und Ärzten schaffen, die nach dem eight-to-five-Prinzip arbeitet. Massgebend sind immer die aktuelle Situation und das Wohlergehen der Patientinnen und Patienten. Da muss man auch mal länger bleiben. Auch das müssen wir künftig abbilden. Besonders vor dem Hintergrund der immer älter werdenden Patientinnen und Patienten und dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel gibt es hier Handlungs- bedarf. Hier sehen wir eine Aufgabe für den Verein Ärztekollegium, gemeinsam mit anderen Parteien eine Lösung zu finden, die allen dient. Das Hämato-Onkologiezentrum Bern ist nach den stren- gen Richtlinien der DKG (Deutsche Krebsgesellschaft) zertifiziert. Welche Rolle spielt diese Zertifizierung? Ilka Rüsges-Wolter: Eine Zertifizierung ist ein Gütesiegel mit einer klaren Botschaft. Deshalb ist sie so wichtig. Wir sind vergleichbar, überprüfbar und transparent. Sie vermittelt zuweisenden Ärztinnen und Ärzten Sicherheit. Patientinnen und Patienten macht sie deutlich, dass sie bei uns medizinisch genauso gut behandelt werden wie in einem Universitätsspital. Darüber hinaus profitieren sie von den Vorteilen und Werten der Lindenhofgruppe: Menschlichkeit, Fürsorge, Nachsorge und transparente Kommunikation über den gesamten Behandlungs- pfad hinweg. Die Erstzertifizierung war arbeitsreich und inten- siv. Ich bin stolz darauf, dass wir die hochstehenden und strengen Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft erfüllen konnten. Dazu kommt, dass sich die DKG-Richt- linien auf das deutsche Gesundheitswesen beziehen. In Deutschland gehören Hämatologie und Onkologie zusammen. In der Schweiz sind dies zwei getrennte Fach- richtungen. Das heisst, dass die Massstäbe für Hämato- loginnen und Hämatologen dieselben sind wie für Onko- loginnen und Onkologen. In Bezug auf die geforderte Fallzahl von onkologische Therapien ist dies eine heraus- fordernde Situation, denn die bösartigen hämatologischen Erkrankungen machen nur einen Teil unseres Fachgebiets aus. Als Privatspitalgruppe in der Schweiz sind wir im Vergleich zu den grossen Universitätsspitälern in Deutsch- land überschaubar. Daher sind die DKG-Vorgaben für unsere Verhältnisse schon recht happig. Besonders gefreut hat mich, dass sich alle Beteiligten mit grossem Einsatz für die Zertifizierung engagiert haben: von internen und externen Kooperationspartnern und -partnerinnen über Bereiche wie Sozialdienst, Ernäh- rungsberatung, Physiotherapie, Psychoonkologie und natürlich Pflege bis hin zur Geschäftsleitung der Linden- hofgruppe. So hat sich ein starkes Miteinander geformt. In Verbindung mit der notwendigen Ausdauer konnten wir so nun die entsprechenden Leistungsnachweise erfolgreich platzieren. Nun gilt es, die Prozesse weiter zu installieren und die Schnittstellen zu harmonisieren, damit reibungslose Abläufe gewährleistet sind. Zudem müssen wir die Vor- züge der Zertifizierung kommunizieren. «Eine Zertifizierung ist ein Gütesiegel mit einer klaren Botschaft.» 14 Geschäftsbericht 2021 Lindenhofgruppe Vorwort Verein Ärztekollegium

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