Geschäftsbericht der Lindenhofgruppe 2021
Nicole Krestan: Mitarbeitende sind insgesamt sensibler geworden. Das gilt auch, wenn es zum Beispiel um Anerkennung und wertschätzende Massnahmen geht, sei es von Unternehmens-, ärztlicher oder Vorgesetzten- seite. Diese gewisse Grundmüdigkeit kombiniert sich auch mit einem erhöhten Risiko für einen Ausstieg aus dem Beruf. Das ist für mich persönlich keine gute Entwicklung. Einer der Erfolgsfaktoren, warum wir die Corona- Pandemie bis jetzt so gut bewältigen konnten, ist unter anderem die Teamkultur und die Zusammenarbeit mit den Führungspersonen. Sie haben immer eine offene Tür geboten. Das war sehr aufwändig, hat sich aber be- währt. Wir konnten viele Fragen lösen oder zumindest Hilfestellungen geben und für unsere Teammitglieder da sein. «Digitale Tools werden nicht alle Arbeiten am Patientenbett überneh- men können.» Welche Entwicklungen haben Sie in letzter Zeit als entscheidend in Ihrem Fachbereich erlebt? Nicole Krestan: Im OP-Bereich sind das vor allen Dingen die technischen Entwicklungen, wie der Operationsroboter Da Vinci oder der integrierte Operationssaal. Selbst- verständlich werden auch wir im Operationsbereich zunehmend mit digitalen Hilfsmitteln unterstützt. Auch die normativen Vorgaben und Logistikprozesse haben sich verändert. Das wirkt auch auf unseren Arbeitsalltag direkt ein. Wir alle müssen uns diesen neuen Gegeben- heiten, Prozessen und Normen anpassen. Trotz allem bleibt aber der Mensch im Mittelpunkt. Christine Althaus: Bei uns sind es deutlich schlankere Prozesse, die wir aus dem Lean-Management in den Pflegealltag integriert haben. Dadurch entstand eine klare Wertschöpfungskette, in der wir alle Teammitglieder ihren Fähigkeiten entsprechend einsetzen. Auch die Ansprüche der Zusatzversicherten nehmen laufend zu. Hier suchen wir aktiv nach Verbesserungen, um einerseits dieser Patientengruppe noch gezielter zu begegnen, aber auch die Forderungen der Kranken- kassen erfüllen zu können. Das grösste Thema sind jedoch die Folgen der Ambulantisierung. Vor ein paar Jahren wurden Patienten und Patientinnen mit unkomplizierten Fallsituationen noch stationär hospitalisiert. Heute wird diese Patienten- population ambulant behandelt. Dadurch konzentriert sich die Pflege oft nur noch auf polymorbide, komplexe Patientinnen und Patienten. Diese zeitaufwändige Betreuung braucht zusätzliche Personalressourcen. Ein weiterer Punkt sind die fehlenden Anschlussmöglich- keiten für unsere Patientinnen und Patienten im Rahmen der integrierten Versorgung. Wo sehen Sie die grössten Chancen /Herausforde- rungen in der Pflege und dem Operationsbereich für die unmittelbare Zukunft? Christine Althaus: Menschen werden immer krank sein und operiert werden müssen. Im Spital aber werden schon bald nur Patientinnen und Patienten in komplexen Situa- tionen verbleiben. Hinzu kommt, dass die geburtenstarken Jahrgänge bald pensioniert werden und weniger junge Menschen sich zu diplomierten Pflegefachpersonen aus- bilden lassen. Dieser Generationenwechsel fordert die Vorgesetzten zu einem Um- und Neudenken auf, wie wir den unterschiedlichen Generationen begegnen können. Die Digitalisierung wird auch der Pflege einen hohen Nutzen bringen, beispielsweise im Rahmen von Bestell- oder anderen schematischen Prozessen. Diese Tools werden aber nicht alle Arbeiten am Patientenbett 39 Geschäftsbericht 2021 Lindenhofgruppe Pflege
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MzQxOTE=