Was bedeutet Innovation im Bereich Radio-Onkologie? Ruth Gräter: Innovation bedeutet in der Radio-Onkologie etwas anderes als zum Beispiel in der Industrie. Der Begriff steht bei uns für die vorausschauende Suche nach Neuerungen und Entwicklungen. Dies bezieht immer sozial- und gesundheitspolitische, ökonomische, technische und fachbezogene Aspekte mit ein. Unter Abwägung der Risiken finden wir so Produkte, die unseren und den Bedürfnissen der Radio-Onkologie der Lindenhofgruppe entsprechen. Carlos Calle: Gewisse Bereiche der Radio-Onkologie sind stark forschungs- oder industriegetrieben. Häufig entstehen dabei Entwicklungen, die für kleinere und mittlere Spitäler weniger geeignet sind. Aus der Breite an Innovationen und Entwicklungen gilt es somit jene Lösungen herauszufiltern, die für uns und für unsere Patientinnen und Patienten sinnvoll sind. Das heisst, die einen Mehrwert generieren wie zum Beispiel genauere und bessere Behandlungen. Was ist das Besondere an der Thermografie- gesteuerten Oberflächen-Hyperthermie? Ruth Gräter: Die Oberflächen-Hyperthermie hat man schon in den 1960er Jahren klinisch angewendet. In der Lindenhofgruppe verwenden wir seit 2015 eine thermografisch gesteuerte wassergefilterte Infrarot- A-Strahlung, kurz wIRA. Das Gerät wurde neu entwickelt und als eines der Ersten auf dem Markt hier installiert und klinisch genutzt. Carlos Calle: Die Betonung liegt auf der Thermografie- gesteuerten Oberflächen-Hyperthermie, denn besonders die interaktive Temperaturmessung ist von Bedeutung. Wir können die zu erwärmende Fläche mit Infrarotkameras aus verschiedenen Winkeln messen. So können wir jenen Stellen die Wärme zuleiten, die sie benötigen. Das ist der entscheidende Punkt. Ruth Gräter: Sobald die entsprechende Wärme über eine definierte Zeit erreicht ist, können wir die radioonkologische Therapie durchführen. Mit geringerer Strahlendosis und damit auch mit einer weniger hohen Belastung der Betroffenen und der gesunden Gewebe rund um den Tumor. Durch die niedrigere Strahlendosis in Kombination mit Wärme können wir solche Bestrahlungen häufiger durchführen. Das ist der wirkliche Fortschritt – besonders für Patientinnen und Patienten, die schon einmal bestrahlt wurden. «Für mich geht es in erster Linie um die Frage, wie wir Innovation in unsere Abteilung und damit auch zu unseren Patientinnen und Patienten bringen.» Wie interpretiert die Leitung der Radio-Onkologie das Thema Innovation? Carlos Calle: Für mich geht es in erster Linie um die Frage, wie wir Innovation in unsere Abteilung und damit auch zu unseren Patientinnen und Patienten bringen. Es ist nicht damit getan, ein neues Gerät zu kaufen. Es gilt, sie in unser Team, in unsere Prozesse und Work-Flows einzubetten. Denn letztlich müssen unsere Mitarbeitenden damit umgehen. Sie müssen Neuerungen annehmen und mit einer schnellen Lernkurve zum Einsatz bringen. Dabei müssen wir auch bedenken, dass wir trotz knapper Ressourcen innovativ sein möchten. Auch deshalb ist es unsere Aufgabe, die richtigen Lösungen auszuwählen. Denn wir möchten unseren Patientinnen und Patienten die Vorteile und den Mehrwert möglichst rasch und in hoher Qualität zugänglich machen. Ruth Gräter: Das ist die Seite der fachbezogenen Innovation. Die andere beinhaltet, dass wir uns aus grossem Interesse über ökonomische und gesundheitspolitische Themen weitergebildet haben. So können wir gemeinsam besser über den Tellerrand hinausschauen. Wir betrachten unser Umfeld und die Entwicklungen darin sehr offen. Technologisch, onkologisch, sicher auch im Grenzbereich zur Bio-Technologie und des Bio- Engineerings, aber auch in Bezug auf unseren konkreten Einzugsbereich und Markt. Auch das ist Innovation für uns. 20 Geschäftsbericht 2022 Lindenhofgruppe Radio-Onkologie
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