Eine wichtige neue Entwicklung ist die adaptive Therapie. Sie ermöglicht es, uns sehr schnell an neue Umstände anzupassen. Schwellen zum Beispiel umliegende Gewebe an oder Tumorgewebe verlagern sich, können wir uns heute online darauf einstellen. Wir können also unmittelbar reagieren und das bestmögliche Bestrahlungsergebnis erzielen. Damit treffen wir den Tumor besser und verringern die Beschädigung des Normalgewebes, wodurch sich die Nebenwirkungen verringern. Ruth Gräter: Der Vorteil guter Bildgebung bedeutet auch, dass wir erkennen können, wie sich der Tumor im Körper bewegt. So können wir die Behandlung stoppen, bevor wir Regionen bestrahlen, die nicht das Ziel sind. Das heisst auch, dass wir unseren Behandlungsplan sehr fein abstimmen können und grössere Regionen nicht unnötig bestrahlen. Das alles meinen wir, wenn wir von Adaption sprechen: Sehen, was man zum jetzigen Zeitpunkt tut, und darauf reagieren, was man sieht. Die Herausforderung ist, dass wir Work-Flows und das ganze Qualitäts-Management auf einen minimalen Zeitraum beschränken. Dafür braucht es Erfahrung, Technik, standardisierte Automatismen und auch künstliche Intelligenz. Carlos Calle: Hier sind für uns die Entwicklungen zum Beispiel in der Informatik und der Computer-Technologie wichtig. Sie unterstützen uns dabei, unsere Work-Flows anzupassen und, um Adaptionen in kurzer Zeit zu erreichen. Was ist das Besondere am MR-Linac? Ruth Gräter: Der MR-Linac kombiniert einen Linearbeschleuniger mit einen Magnet-Resonanz-Tomographen (MRT). Er erweitert die Möglichkeiten der bildgeführten Strahlentherapie erheblich. Wir können das Bestrahlungsziel während der Bestrahlung noch präziser erkennen und fokussierter verfolgen. Ausserdem ermöglicht er eine tagtägliche Neuplanung der Dosis auf das sich verändernde Zielvolumen oder der umliegenden Normalgewebe. Carlos Calle: Dieses Gerät kann wirklich Aussergewöhnliches. Die Kombination der MR-Technologie und der Linearbeschleuniger-Technologie in einem Gerät ist wirklich echte Innovation. Sie bringt unmittelbaren Nutzen für unsere Patientinnen und Patienten. Was unterscheidet die heutige Therapie von der vor 10 Jahren? Carlos Calle: Die Geräte- und Computertechnik hat enorme Fortschritte gemacht. Auch konzeptionell haben sich die Therapieformen weiterentwickelt. Der Trend geht klar in Richtung der hypofraktionierten Radio-Therapie. Definierte Körperregionen werden mit einer höheren Einzeldosis bestrahlt. Krebs-Betroffene müssen sich dieser Therapie weniger häufig unterziehen und sind schneller fertig. Dazu haben die Ergebnisse klinischer Studien und die höhere Präzision der Geräte beigetragen. Aber auch die bessere Bildgebung. Sie erlaubt es uns, Patientinnen und Patienten während der Therapie noch präziser zu überwachen. In Kombination mit der erhöhten Genauigkeit der Behandlungsgeräte können wir so die Bestrahlungsdosis erhöhen und noch gezielter einsetzen. 23 Geschäftsbericht 2022 Lindenhofgruppe Radio-Onkologie
RkJQdWJsaXNoZXIy MzQxOTE=