Wie hat sich die Dynamik in der Spitalbranche im letzten Jahr auf die Lindenhofgruppe ausgewirkt? Guido Speck: Auch im Jahr 2022 mussten wir Regulierungen auf verschiedensten Ebenen von Kanton und Bund hinnehmen. Sie hatten erhebliche Auswirkungen auf die Lindenhofgruppe. Insbesondere bei den Netzwerken zur koordinierten Versorgung, der ärztlichen Zulassungssteuerung oder der bereinigten Version. Hier ist zumindest aus einem Kostensteuerungs- ein Kostenmonitoring-Artikel geworden. Bei diesem indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative hat man die Kostenziel-Bestimmungen übernommen. Damit ist zumindest das Globalbudget vom Tisch. Die Lindenhofgruppe folgt einer klaren Behandlungslogik: ambulant vor stationär. Dies hat dazu geführt, dass wir uns schon seit einigen Jahren erfolgreich am ambulanten Markt positionieren. Eines der zentralen Themen für den nachhaltigen Erfolg wird die korrekte Ausgestaltung der ambulanten Tarifwerke sein. Also ambulante Pauschalen und der Einzelleistungstarif TarDoc. Im spitalambulanten Bereich unter Tarmed und den geltenden Taxpunktwerten besteht eine Kostenunterdeckung von rund 30 %. Das wissen wir heute. Im Bereich der stationären OKP-Tarife liegt die Unterdeckung bei etwa 10 %. Die Spitalbranche unterliegt der Dynamik des Marktes und globaler Einflüsse. Wir müssen viele Herausforderungen meistern: Fachkräftemangel, Lohnerhöhungen, Bettenschliessungen aufgrund fehlender Fachpersonen, Inflation. Und das sind nur einige Beispiele. Hinzu kommt der wachsende politische Druck, die Kosten zu reduzieren oder zumindest zu dämpfen. Wir investieren täglich in die Optimierung von Abläufen. Wir steigern die Effizienz und gehen bei Investitionen überlegt vor. Wir investieren in die Digitalisierung und in modernste Technologien. All das, um den Arbeitsalltag möglichst optimal zu gestalten. Die Herausforderungen sind riesig. Nun braucht es auch die richtigen Zeichen aus der Politik und von den Tarifpartnern. Damit wir auch weiterhin eine qualitativ hochstehende Gesundheitsversorgung sichern können. Dafür setzen wir uns jeden Tag ein. Ganz im Sinne unserer Patientinnen und Patienten. Beat Röthlisberger: Die Einflussfaktoren treffen uns, aber auch alle anderen Spitäler. Die Auswirkungen sind ähnlich. Technologisierung und Digitalisierung sind dabei grosse Treiber mit vielfältigen Auswirkungen. Der Vorteil der Lindenhofgruppe ist, dass wir auf einer Geschichte, einer Kultur aufbauen können. Entscheidend ist, dass wir auch in Zukunft Hürden meistern und nicht nur Probleme sehen. Dass wir gemeinsam aus Gefahren neue Chancen erarbeiten. Wir haben die Voraussetzungen für die Fortführung der erfolgreichen Geschichte der Lindenhofgruppe. Wie steht die Lindenhofgruppe wirtschaftlich da? Guido Speck: Das Jahr 2022 war ein ausgesprochen schwieriges Jahr. Über rund acht Monate hinweg konnten wir 15 % unserer Kapazitäten aufgrund fehlender Mitarbeitender nicht betreiben. Es kam zu über 1500 stationären Notfall-Abweisungen. Die Energiekrise und die hohen Energiekosten haben uns zusätzlich massiv getroffen. Wir haben im Jahr 2022 gegenüber dem Vor- jahr rund 3.4 Mio. CHF mehr bezahlen müssen. Diese Faktoren haben uns in die roten Zahlen gedrückt. Wir haben aber früh erkannt, in welche Richtung wir uns bewegen und unverzüglich Gegenmassnahmen eingeleitet. Wir werden sie nun Schritt für Schritt umsetzen. Ihre Wirkung wird sich über die nächsten zwei bis drei Jahre entfalten. Das wird auch das Ergebnis der Lindenhofgruppe wieder positiv beeinflussen. Beat Röthlisberger: Die Entwicklungen im Jahr 2022 und deren Auswirkungen auf das Jahresergebnis waren absehbar. Die kostenseitigen Einflüsse und Zusatzbelastungen durch Inflation, massiv gestiegene Energiekosten oder auch erhöhte Lohnkosten durch Temporär-Verträge waren jedoch so nicht kalkulierbar. Deshalb ist es so wichtig, dass sich Geschäftsleitung und Verwaltungsrat zeitnah austauschen. Die Geschäftsleitung hat das Gespräch mit dem Verwaltungsrat gesucht, adäquat reagiert und Massnahmen vorgelegt. Der Verwaltungsrat ist überzeugt, dass wir die Position der Lindenhofgruppe weiter unterstreichen und stärken können. 10 Geschäftsbericht 2022 Lindenhofgruppe Vorwort Verwaltungsratspräsident und CEO
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